Sydney, die Hafenstadt mit ihrem bekannten Opernhaus besichtigten wir mit einer „I am Free Tour“. Man wird in ca. 3 Stunden zu Fuss von einer in Sydney wohnhaften Person durch die Stadt geführt und sieht die wichtigsten Sehenswürdigkeiten, erfährt etwas über die Geschichte, erhält Tipps für das Nachtleben und hört Stories. Die Tour hat keinen festgelegten Preis. Am Ende der Tour kann man dem Guide einen Betrag zahlen und die Höhe des Betrages danach bestimmen, wie es einem gefallen hat. Uns gefiel die Tour sehr, denn wir kamen auch zu Aussichtspunkte, die man als normaler Tourist nicht einfach so gefunden hätte. Da mich die Form des Opernhauses schon immer faszinierte, freute ich mich, das Opernhaus nun aus der Nähe sehen zu können. Es wurde entworfen vom dänischen Architekten Jorn Utzon, wurde innert 14 Jahren gebaut und kostete am Ende das 15-fache der budgetierten Baukosten.
Nachdem wir uns von unseren Gastgeber Debbie und Alex verabschiedeten, fuhren wir hinauf in die Blue Mountains. Wiederum unzählige kurvige Strassen, wie schon auf dem Weg nach Sydney. Wir hielten bei den Jenola Caves, verzichteten aber auf eine Führung und erkundeten die Umgebung auf eigene Faust. Hier sahen wir mehrere grosse australische Wasseragamen. Seit wir an der Ostküste fuhren hatte ich öfters mal „Fast – Kollisionen“ mit Vögeln, die hier offensichtlich warten bis man mit dem Motorrad kommt und sich dann von der Seite her auf die Fahrbahn zu bewegen und sich genau vor dem Motorrad in die Luft erheben. Als ich so schön mit 100km/h aus einer Kurve beschleunigte (dies ist hier die übliche Ausserorts-Geschwindigkeit), kam nun aber kein Vogel von der Seite her, nein der Vogel kam von vorne direkt auf Kopfhöhe auf mich zu geflogen. Ich duckte mich und glücklicherweise für den Vogel trafen wir nicht aufeinander. Da ich aber aus Reflex auch noch die Augen schloss und in einer Kurve fuhr, geriet ich abseits der Strasse. Einige Meter konnte ich mein Motorrad stabil im Gras fahren und bremsen, doch plötzlich traf ich mit dem rechten Bremspedal einen Stein und wurde hin und her, direkt in einen Stacheldrahtzaun geschleudert. Laut Thomas sah das ganze recht Übel aus (er fuhr hinter mir, da ich die Navigatorin war). Glücklicherweise hatte ich diesmal aber nichts an mir gebrochen und auch sonst keine wirklich üblen Schmerzen. Mein XT sah aber übler aus. Kaputtes vorderes Schutzblech, Bremspedal total verbogen, Tank zerkratzt, linke Koffer abgerissen und total verbeult, linker Blinker kaputt etc. Wir konnten den XT wieder Fahrtüchtig machen, den Koffer mit Spanngurten am verbogenen Kofferträger befestigen und entschlossen uns, wieder zurück nach Sydney zu Alex und Debbie zu fahren. Debbie erklärte mir dann, dass der Vogel, welcher Schuld an meinem Sturz war, ein Rosakakadu (auch Galah genannt) ist. Eigentlich ein sehr schöner Vogel…
Am nächsten Tag versuchten wir meinen XT wieder auf Vordermann zu bringen. Thomas und Alex bogen den Kofferträger wieder zurecht und ich versuchte Ersatzteile zu organisieren. Ich fand einen Motorrad-Teile-Verwerter und man kann es kaum glauben, er hatte genau denselben XT wie ich im Lager und er war fast vollständig. Es war kein Unfall Motorrad sondern der Motor ging kaputt, daher waren alle Teile in super Zustand und ich konnte alle Zubehörteile (Schutzblech, Blinker, Bremspedal etc.) sehr billig kaufen. Zurück bei Alex überraschte er mich. Er hatte in der Zwischenzeit angefangen meinen kaputten Alukoffer auszubeulen und wieder zurechtzubiegen, fertigte eine Platte für die Halterung an und erstellte sogar ein neues Biegeblech-Teil für mein Schloss, das verloren ging beim Sturz. Ich konnte es kaum Glauben, was er für ein Wunder vollbracht hatte. Nach nur einem Tag war mein Motorrad und das Zubehör wieder hergestellt. Nun fanden Alex und Debbie, dass sie uns ein Stück begleiten wollen, wenn wir am nächsten Tag wieder los fuhren. So fuhren wir zum Kangaroo Valley und verbrachten einen zwar regnerischen, aber tollen Morgen im Konvoi, bevor sie mit ihren DR 650 Suzukis wieder zurück nach Sydney und wir weiter nach Süden fuhren.
Nun begannen die interessanten Strassen. Es gibt in den Staaten New-South-Wales und Victoria viele tolle Schotterstrassen. Eine davon führte uns zur McKillops Brücke im Snowy River Nationalpark. Die Brücke führt über den Snowy River und wurde zwischen 1931 und 1936 gebaut. Im Jahr 1934, 2 Tage vor der Eröffnung wurde sie vom Fluss, wegen Hochwasser, weggespült. Daraufhin baute man die neue Brücke auf die alte oben drauf um den Fahrbahn Zugang höher legen zu können. Die Schotterstrasse führt durch einen wunderschönen Nationalpark, ist zum Teil nur einspurig, hat keine Leitplanken obwohl es steil ins Tal runter geht und das trotz Gegenverkehr. Mit dem Motorrad hat das Spass gemacht, für Autos, die sich kreuzen müssen, ist das aber eher mühsam.
An einem Tag starteten wir am Morgen am Hume Stausee und fuhren auf Feldwegen Richtung Süden. Thomas fuhr voraus und wegen dem Staub den er Aufwirbelte hielt ich genügend Abstand. Als ich in der Nähe von Carboor wieder auf eine geteerte Strasse stiess, lag Thomas vor seinem BMW im Dreck. Was war los? Nein, er hatte keinen Unfall, sondern er wälzte sich vor Verzweiflung am Boden. Sein hinteres Federbein war schon wieder kaputt! Überall war Öl ausgelaufen, da sich das Bauteil, wo die untere Dichtung drin sitzt losgeschraubt hatte. Dieses Mal war das Federbein aber ganz hinüber, da auch verbogen. Tja wir waren Mitten in einer Bauernhof Gegend, wo es keine grössere Stadt in der Nähe gab und wie man ja weiss erstrecken sich die Bauernhöfe in Australien km-weit. Ich schaute also mal auf Google Maps um zu sehen, was denn in unserer Nähe ist. Komischerweise hatte ich ganz in der Nähe bereits einen Punkt markiert, wobei ich mich fragte, wieso Mitten im „Nirgendwo“. Ich bekam einen Lachkrampf. Genau 3km weiter Nordwärts auf der geteerten Strasse war der einzige australische Touratech Händler, welchen ich früher mal markiert hatte in Google Maps. Was für ein Zufall ist das denn?! Als wir dort ankamen, sahen wir zwei grosse Scheunen. Der Inhaber Robin vertreibt nicht nur Touratech Produkte, er stellt auch Kanus und Safari-Tanks für Motorräder her. Er fragte Thomas, ob er das Federbein selber eingebaut hatte, was Thomas bejahte. So fand Robin, dann könne er ja auch das alte Federbein Ausbauen und ein Neues, welches Thomas auf Garantie Gratis bekam, Einbauen. So arbeiteten wir in einer super ausgerüsteten Werkstatt am BMW um ihn wieder flott zu kriegen, wurden in der Zwischenzeit mit Sandwiches versorgt und nach ca. 3 Stunden ging es schon wieder weiter.
Via Black Spur fuhren wir nach Melbourne. Die Black Spur Strasse führt durch einen Regenwald mit Farnen und hohen Bäumen. Da man wegen den vielen Kurven eh nur langsam fahren darf, konnte ich den Wald bestaunen. Da es ebenfalls regnete, sah das Ganze sehr verwunschen aus. In Melbourne konnten wir bei Paddys Familie Unterschlüpfen. Mit Paddy fuhren wir die Gibb River Road im Norden von Australien. Er ist inzwischen mit seinem Motorrad auf der Route Alaska nach Südamerika. Hier in Melbourne fanden wir auch einen Schweizer Laden mit Metzgerei. Wir gingen also dorthin, da wir für Paddys Familie ein Fondue machen wollten und daher spezielle Schweizer Käsesorten suchten. Die Inhaber des Laden Walmas’s sind ein Schweizer Paar, welche vor ca. 24 Jahren ihren Laden eröffneten. Unsere Begeisterung war immens, als wir nach so langer Zeit so viele Produkte aus der Schweiz sahen. Die Inhaberin Margrit lud uns kurzerhand zu Cervelats mit Senf und Brezel zum Mittagessen ein, als sie von unserer Weltreise und wie lange wir schon unterwegs sind hörte. Zurück bei Paddys Familie machten wir dann ein Fondue nach Thomas Mutters Fondue Rezept. Es fand riesigen Anklang.
Nach dem mein XT eine neue Kupplung bekam, da es schon lange Zeit dafür war, fuhren wir nach Phillip Island. Hier fand der Moto GP statt. Da wir gerade in der Gegend waren, kauften wir uns ein Ticket und verbrachten den ganzen Sonntag an der Rennstrecke. Das Wetter war wechselhaft. Wir hatten unzählige Lagen an um uns entweder gegen die Sonne oder Regen oder Kälte schützen zu können. Das Wetter machte es den Motorradfahrern nicht leicht. Im Warm-up des Moto-2 stürtze der Schweizer Tom Lüthi bereits in der 1. Runde. Da wir eine sehr gute Sitzposition zwischen zwei Kurven hatten, ereigneten sich viele Stürze anderer Fahrer direkt vor uns. Beim Rennen des Moto-GP regnete es zum Glück der Fahrer dann nicht, war aber trotzdem extrem spannend anzuschauen.