Der erste Fahrtag im neuen Jahr war langweilig und bestand aus Transit zu der Grenze zu Thailand. Siegessicher, durch alle vorhergehenden Erfahrungen an Grenzen, erreichten wir diese am Vormittag auch. Doch diesmal sollte es nicht so glatt laufen. Fast am Ende des Prozesses, wir hatten schon stolz unsere mühsam erworbenen „Thai-Permits“ vorgezeigt, gab es ein Problem mit „dem System“. Beim Grenzübertritt von Thailand nach Laos, einen guten Monat zuvor, haben die Grenzer von der Zollbehörde offenbar die Ausfuhr von Silvias Motorrad nicht in „das System“ eingetragen. Das war nun ein Problem, weil „das System“ natürlich keine erneute Einfuhr von einem bekannten Fahrzeug zulässt, das das Land nie verlassen hat. Schlaues System. Da lobe ich mir die dicken Bücher von Ländern, die mit „stan“ enden, da kann so etwas nicht passieren.. Es hat dann geschlagene drei Stunden gedauert, bis die Chefs der zwei beteiligten Zollbehörden „das System“ dazu bringen konnten, dass es für uns weiter ging. Silvia musste dazu sogar per Telefon dem Chef der Zollbehörde an der loatischen Grenze versichern, dass sie das Motorrad wirklich ausgeführt hat.
So waren wir schon einmal eingestimmt auf die nächste uns bevorstehende Tat im thailändischen Behördenjungel: den Erwerb eines temporären thailändischen Führerscheins. Blöderweise hat die thailändische Verkehrsbehörde nur wenige Wochen vorher herausgefunden, dass der Schweizer internationale Führerschein in Thailand nicht gültig ist, da beide Länder unterschiedliche Abkommen unterschrieben haben. Ganz allgemein ist der Schweizer internationale Führerschein nicht in besonders vielen Ländern gültig, aber viele Behörden haben das offenbar noch nicht kapiert. Das letzte der fraglichen Abkommen wurde 1968 abgeschlossen, man muss den Behörden ja auch einmal etwas Zeit lassen.. Für uns hiess es aber zuerst einmal einen Tag zu warten. Denn die entsprechende Behörde öffnet natürlich einen Tag später nach den Feiertagen, als die privaten Geschäfte. Das haben sie sich ja schliesslich auch verdient, nach den grossartigen Taten und Erkenntnissen, die 2016 gebracht hat! Am morgen des nun freien Tages zogen wir mit dem Besitzer unseres Hotels los, um den, für den Führerschein obligatorischen „Gesundheitscheck“, zu machen. Er musste dies ebenfalls tun und half uns. Wir fuhren zu einer Apotheke, füllten einen Zettel aus, warteten 5 Minuten und erhielten das unterschriebene Dokument zurück! Die Kosten im Bereich von Trinkgeld übernahm unser neuer Freund. Mit diesem, und vielen weiteren Dokumenten, machten wir uns am nächsten Tag auf zu der Führerscheinbehörde. Nachdem wir noch einige Kopien machen mussten, gab jeder von uns ein 14 Seiten starkes Dossier dort ab. Um 12:00 sollten wir dann nochmals antreten. Wir durften einen einstündigen Film über den Verkehr in Thailand anschauen, mussten einen Reaktionstest und einen Test der Farbwahrnehmung absolvieren. Danach hatten wir das begehrte Plastikkärtchen endlich in den Händen!
Mit unseren neuen Schätzen fuhren wir am selben Tag noch nach Bangkok. Die Theorien vom Lehrfilm treffen auf die Praxis in einer Grossstadt.. In den nächsten Tagen trafen wir meine französischen Motorradfreunde Natalie und Philippe wieder, die ich in Nepal kennen gelernt hatte. Alle Motorräder waren angeschlagen und man suchte nach einer fähigen Werkstatt, die auch Zeit hatte. Gar nicht so einfach. Es stellte sich heraus, dass die beiden Yamahas schwere Schäden aufzuweisen hatten. Bei Natalies Motorrad war die Nabe des Hinterrades gebrochen. Bei Silvias Gefährt war die Aufnahme des Federbeins am Rahmen defekt, eigentlich alles an und um den Umlenkhebel und auch der Umlenkhebel selbst hatte einen fiesen Riss. In Anbetracht dessen, dass diese Motorräder mit viel Gepäck problemlos auf der ganzen Welt unterwegs sind, kann ich mir nur vorstellen, dass der Schaden noch von dem Transport des Motorrades von Osh nach Bangkok her stammt. Evtl. wurde das Motorrad hinten viel zu stark herunter gespannt. Zur Reparatur des Rahmens wurde der XT dann von unserer Werkstatt zu einem anderen Betrieb gebracht, von dem es hiess, er sei ein Rahmenspezialist. Tatsächlich standen dort auch viele verbogene Motorräder herum. Zudem ein Schweissgerät, viele lange Hebel und Hämmer. Ohne viel Zeit mit so überbewerteten Dingen wie Vorbehandlung der Schweissstelle oder Richten zu verbringen, wurde alsbald munter los gebraten. Hält sicher lange.. Nun müssen wir noch einen kompletten Umlenkhebel mit allem Zubehör beschaffen und so bald wie möglich montieren. An meinem Motorrad konnte ich die hydraulische Vorspannungseinstellung reparieren, die schon seit Phonsavan defekt ist. Lustigerweise konnten alle bisherigen Defekte der BMW mit lokal verfügbaren Teilen repariert werden. Nur Verschleissteile, die trotz vorheriger Abklärung dann doch nicht da waren, mussten wir uns aus Europa schicken lassen. Bei der Yamaha sieht es nun aber ganz anders aus. Silvias Modell wird in Italien gefertigt und im asiatischen Raum nicht verkauft. Es gibt deshalb partout keine Teile dafür. Auch nicht aus Japan. Gegensätzliche Aussagen, die wir vor unserer Abreise zu Hauff hörten, kann man also getrost den Mythen und Legenden zuordnen. Wie so viele andere auch. Am 9.1 feierten wir Silvias dreissigsten Geburtstag. Dazu reservierten wir Plätze in einem der „Sky Restaurants“ der Stadt und genossen die Aussicht und das feine Essen und Trinken. Zusammen mit Phil wurde das ein sehr witziger Abend unter Weltreisenden.