In Lahore erledigte ich einen Ölwechsel an dem Motorrad und schaute mir das Fort und die Moschee an. Die Luftfeuchtigkeit war unerträglich hoch, weshalb ich keine Lust hatte lange dort zu bleiben und nach zwei Tagen bereits weiter nach Indien fuhr. Nach einem weiteren problemlosen Grenzübertritt fuhr ich mit gemischten Gefühlen Richtung Jammu. Ich hatte soviel negatives über Indien gehört und das Klima war fies. Es fiel mit deshalb schwer dem Land und den Leuten mit der für mich sonst üblichen Objektivität entgegenzutreten. Ich nahm die Schnellstrasse Richtung Norden, in der Hoffnung auf ein besseres Klima. Hier hellte sich die Stimmung schon wieder ein wenig auf, denn ich kam zügig voran und der Verkehr war auch nicht schlimmer als in den Wochen zuvor. In Jammu halfen mir freundliche einheimische Motorradfahrer auf der Suche nach einem Hotel.
Am nächsten Tag wollte ich nach Srinagar fahren. Ich wurde ein wenig faul und fuhr erst um ca. 10:00 los. Ein Fehler, wie sich bald heraus stellte. Die Strasse durch Kaschmir war kurvenreich und voller LKWs. Ich also ständig damit beschäftigt, diese zu überholen. Da die LKWs sich auch blind gegenseitig überholen, gab es immer wieder Situationen, wo mir nichts anderes übrig blieb, als links ran zu fahren, um dem entgegenkommenden LKW Platz zu machen. Ich musste mich immer wieder dazu mahnen, langsam zu fahren, um für solche Situationen bereit zu sein. Dadurch kam ich natürlich überhaupt nicht vorwärts und erreichte erst kurz vor 18:00 Anantnag, ein Ort ca. 50km von Srinangar entfernt. Hier schien die Strasse teilweise zwei Spuren je Richtung zu haben und nicht mehr so kurvenreich zu sein. Ich versprach mir dadurch, Srinangar noch vor dem Sonnenuntergang erreichen zu können. Leider machte mir die politische Situation in Kaschmir einen Strich durch die Rechnung. Seit zwei Monaten schon, ist der Konflikt dort wieder aufgeflammt und es gibt täglich Demonstrationen, zum Teil mit Toten. Auch an diesem Tag wurden wohl wieder Steine geworfen und die Polizei sperrte deshalb die Strasse nach Srinangar. Zuerst hiess es, die Situation sei in einer halben Stunde wieder unter Kontrolle und die Strasse dann wieder frei, später stelle sich dann aber heraus, dass es an diesem Tag nichts mehr wird. Während dem ich wartete, gesellte sich eine Gruppe indischer Biker zu mir und wir bezogen ein Hotel in Anantnag. Wir beschlossen, am nächsten Tag gemeinsam durch Srinagar und weiter östlich zu fahren, bis wir wieder in konfliktfreiem Gebiet sind.
Wir mussten dann über diverse Umwege durch Srinagar fahren und ich war froh, dass sich die Jungs in ihrer Sprache den sichersten Weg von den überall präsenten Soldaten erfragen konnten. Auf der Strasse Richtung Leh hatte es dann zwar auch noch grosses Militäraufkommen, es schien jedoch ruhig zu sein. Da die Inder mit ihren indischen „Royal Enfield“ und „Bajaj“ unglaublich langsam vorwärts kamen, trennten sich unsere Wege dann wieder. Am Nachmittag erreichte ich dann mein Tagesziel, Kargil. Hier lernte ich wiederum indische Biker kennen, die schon im Ladakh waren. Sie konnten mir gute Tips für das Gebiet geben und luden mich zum Nachtessen und Whiskey- Trinken ein :-). Am nächsten Tag folgte die traumhaft schöne Strecke nach Leh. Der Schwierigkeitsgrad war nicht sehr gross, kein Schotter und kaum Verkehr und somit genau richtig um wieder einmal ein bisschen die Seele baumeln zu lassen und einfach zu geniessen. Ein Besuch des alten buddhistischen Klosters bei Alchi tat sein übriges dazu bei. Josef, mit dem ich durch China fuhr, war noch für eine Nacht in Leh, weshalb ich ein Zimmer in demselben Guesthouse wie er nahm.