Da sich die Wege von Josef und mir in Hunza trennten, war ich also nun alleine unterwegs. Da langsam klar wurde, dass der KKH tatsächlich Ähnlichkeiten mit einem Highway hat (nicht so wie der Pamir Highway) und mir das zu langweilig war, beschloss ich, eine kleine Runde abseits des KKH zu drehen. Mein erstes Ziel dabei war Rama, bzw. der Rama See. Dieser befindet sich oberhalb von Astore in einem Seitental des Astore Tals.
Die Strecke war genau nach meinem Geschmack. Zuerst fuhr ich auf dem KKH mit der gewohnten Qualität bis kurz nach Gilgit. Danch bog ich in das Astore Seitental ab, bis nach Astore. Diese Strasse war schon abenteuerlicher. Stellenweise gab es Schotterpassagen und die Strasse schmiegte sich eng an die Seitenwand des Tales. Auf der linken Seite ging es ohne Randsicherung steil runter zum Fluss. In Astore ging eine kleine Nebenstrasse steil den Berg hoch. Schilder gab es keine und in der OSM Karte war der Weg auch nicht eingezeichnet. Die Leute in Astore waren jedoch sehr hilfsbereit und so konnte ich mir ohne Probleme den Weg erfragen. Vor allem innerhalb von Astore war die Strasse in einem sehr schlechten Zustand. An einigen Stellen floss Wasser quer über die Steine, die wohl in besseren Zeiten den Unterbau einer Asphaltstrasse darstellten. Ausserhalb der Ortschaft wurde es wieder besser und die Strasse führte durch ein traumhaftes Tal. Schliesslich erreichte ich in einem kleinen Waldstück das PTDC (Pakistan tourism development corporation) Hotel, das mir empfohlen wurde. Leider hatte es keine freien Zimmer mehr und so übernachtete ich im Zelt neben dem Hotel.
Ich machte Bekanntschaft mir vier Jungs aus Islamabad, die offensichtlich auf Alkohol- und Drogentour durch den Norden Pakistans waren. Sie hatten von einem Bauern eine Ziege gekauft, geschlachtet, zerstückelt und luden mich zum Essen ein. Obwohl keiner der Jungs bei klarem Verstand war, geriet die Ziege dennoch perfekt und wir verbrachten einen lustigen Abend.
Die Jungs düsten am nächsten Tag mir ihrem Pickup weiter und ich machte mich zu Fuss auf zum Rama See. Nach ca. einer Stunde Marsch erreichte ich den Gletschersee auf 3300m Höhe. Die ganze Szenerie war majestätisch, kein Mensch war zu sehen und so setzte ich mich an den See und genoss die Stille. Diese währte nicht lange. Bald lief ein aufgeregter Pakistani auf mich zu mit zwei weiteren Jungs im Schlepptau. Der Aufgeregte Typ war ein Tourist namens Farhan, die anderen zwei Einheimische. „Let’s take a dip in the lake“, „let’s take a dip in the lake“ rief Farhan mir zu. Rund um den See war Schnee und Eis zu sehen, was ja nicht gerade eine angenehme Wassertemperatur versprach.. Nach den kiffenden und koksenden Jungs vom Vorabend schon der nächste Spinner. Ich war an einem merkwürdigen Ort angelangt. Und es gefiel mir sehr da :-). Also zogen wir uns bis auf die Unterhosen aus und ab ging es Richtung Kalt und Nass. Nach dem Schwimmen blieben wir noch einige Minuten in Ufernähe stehen und als sich langsam die Taubheit in die Beine schlich, verliessen wir den See wieder. Nach diesem Erlebnis verbrachte ich den Rest des Tages mit Farhan und seiner weiblichen Begleitung, die später auch noch auftauchte und nicht sehr erfreut war über unsere Aktion.
Nach einer weiteren kühlen Nacht im Zelt fuhr ich am nächsten morgen zum Deosai Nationalpark. Unterwegs musste ich bei einer Gruppe von ca. 15 pakistanischen Touristen anhalten, die mich regelrecht umringten und die Strasse blockierten, als sie mich kommen sahen. Alle waren völlig aufgeregt, redeten wild auf mich ein und machten Selfies. Habe ich schon erwähnt, dass die Leute hier „ein wenig anders“ sind?! Wenig später erreichte ich den Nationalpark. Leider wurde das Wetter nun zunehmend schlechter und bald begann es zu regnen. Ich hielt nur einige Male kurz an. Der Nationalpark befindet sich auf einer Höhe zwischen 4000 und 4100m Höhe, weshalb es keine Bäume oder sonstige Möglichkeiten zum Unterschlupf gibt. Der Regen machte mir auch wegen den Strassenverhältnissen ein wenig Sorgen, da ich befürchtete, der erdige Untergrund könnte sich in Schlamm verwandeln. Einige km weiter tat er das auch. Stellenweise hatte es links und recht in den Fahrspuren der Jeeps eine Art Regenrinne und die Mitte der Strasse war zu den Rinnen hin gewölbt. Zuerst versuchte ich in der Mitte zu fahren, aber der Untergrund war so rutschig, dass mein Motorrad in eine der Rinnen rein rutschte, was beinahe in einem Abflug endete. Also blieb mir nichts anderes übrig, als an diesen Stellen im Schritttempo in den „Regenrinnen“ zu fahren, mit den Füssen am Boden. Irgendwann erreichte ich die Stelle, die in vielen Reiseberichten zu sehen ist, wo der Weg über eine Hängebrücke einen Fluss überquert. Natürlich wollte ich auch unbedingt ein Foto schiessen mit meinem Motorrad in der Mitte der Hängebrücke. Leider wurde jedoch neben der Hängebrücke eine neue Brücke gebaut und die Holzplanken der Hängebrücke wurden von den einheimischen verfeuert, weshalb sie nun nicht mehr passierbar ist. An dieser Stelle war zudem ein Campingplatz und ich beschloss die Nacht dort zu verbringen, in der Hoffnung, dass sich das Wetter bessert und ich dann vielleicht den Nationalpark noch ein wenig besser erkunden kann. Die Hoffnung erwies sich als falsch, es regnete kontinuierlich weiter.
Während der Dämmerung, als ich ein kleines Nickerchen im meinem Zelt hielt, hörte ich plötzlich jemanden rufen „hey man“, „hey man“. Es war einer der Jungs vom Campingplatz und er meinte wohl mich. Ich öffnete das Zelt und er machte mir aufgeregt verständlich, dass ein Braunbär in der Nähe sei und ich mir das anschauen müsse! So schnell wie möglich zog ich mich an und wir rannten (Rennen auf 4100m, ein weiterer super Plan..) über die Brücke und konnten dort tatsächlich einen Bären in freier Natur beobachten (leider war es schon zu dunkel für Fotos)!
Am nächsten morgen erfuhr ich dann, dass der Bär wohl in der Nacht den Campingplatz besucht hatte und auf der Suche nach Nahrung das Zelt mit den Vorräten für die Küche aufgerissen hatte. Schliesslich hat einer der einheimischen Gäste die Misere bemerkt und den Bären mit Steinwürfen verscheucht..
Da es immer noch regnete, verliess ich den Nationalpark und fuhr nach Skardu. Die Leute vom Campingplatz haben mir versichert, dass die Strecke nach Skardu in einem besseren Zustand sei, als jene durch den Nationalpark. Ja genau! Durch den ständigen Regen standen nun Teile des Weges komplett unter Wasser. Darunter rutschige Steine. Und wieder Schlamm. Gegen den Mittag kam ich in Skardu an und quartierte mich im PTDC Hotel ein, um mir eine warme Dusche und etwas Entspannung zu gönnen.
1 Kommentar
Sonja
31. August 2016 um 18:19 (UTC 0) Link zu diesem Kommentar
Tolle Berichte Thomi..weiterhin alles Gute und immer aufpassen! Morgen gehe ich mit Silvia essen.. Grüessli us de Schwyz Sonja